Mit der CDU stehen sie genauso im Stau wie mit der SPD
Die Forderung nach einer Verlängerung der Buslinie 500 ist nicht das wichtigste Thema in der Verkehrspolitik im Westen von Hannover. Der Wahlbereich für die Regionsversammlung, in dem ich kandidiere, umfasst natürlich nicht nur Gehrden, sondern auch Barsinghausen und Seelze. In der Nachbargemeinde Seelze hat die Debatte über den sog. ‚Leinesprung‘, der Forderung nach einer Straße über die Leine zur Querverbindung von B441 und B6, sogar einen größeren Stellenwert als in Gehrden die Debatte um die Busanbindung zum Bahnhof Weetzen. Das Problem dort besteht nämlich schon länger. Im werktäglichen Berufsverkehr ist die bestehende Straße, welche die Leine mit der Klappenburgbrücke überquert, völlig überlastet, so dass sich die Autos dort manchmal bis zurück nach Letter stauen.
Die lokale CDU hatte die Forderung nach dem Bau des Leinesprungs im Wahlkampf 2016 als Thema verwendet, wie diesem Artikel der Neuen Presse zu entnehmen ist. Sie hatten sogar ein Wahlplakat gemacht: „Besser CDU wählen, als mit den Roten im Stau stehen.“ Vielleicht kann die CDU in Seelze bei Gelegenheit erklären, wie sie verhindern will, dass die Pendler dann auf der B6 im Stau stehen, denn auch die Kapazitäten der B6 zwischen der Autobahn bei Garbsen und der Ausfahrt zum Zentrum von Hannover Richtung Königsworther Platz sind begrenzt – der Bau des Leinesprung würde den Engpass nur verschieben. Würde die CDU noch mehr von der mittleren Leineaue dem Straßenverkehr opfern, um die B6 zu verbreitern? Spätestens dann wäre eine Grenze überschritten. Nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch aus der Perspektive dies Schutzes vor Überflutungen sind diese Flächen zu wichtig, um sie zu überbauen.
U-Bahn statt ‚Leinesprung‘
Was wäre also die Alternative zum ‚Leinesprung‘? Zumindest ein Teil des Problems lässt sich lösen – und zwar durch den Bau einer U-Bahn, um die Pendler aus Letter nach Hannover zu bringen. Autos brauchen nun mal in der Stadtplanung mehr Platz als Busse und Bahnen. Wenn ich die Pendler davon überzeugen will, auf Bus oder Bahn umzusteigen, dann muss der ÖPNV attraktiver sein als das Auto. Und dafür braucht man, in vielen Fällen, eine U-Bahn. Gehen wir zunächst davon aus, dass die Pendler rational sind und jenes Verkehrsmittel nehmen werden, mit dem sie am schnellsten zur Arbeit kommen. Wenn man nicht eine sehr intelligente Lösung mit eigenen Busspuren und Vorrangschaltungen an Ampeln finden kann, dann wird ein Bus (oder eine Straßenbahn) genauso im dichten Verkehr verlangsamt wie die Autos – eine U-Bahn jedoch nicht. ‚U-Bahn‘ heißt zwar nicht notwendigerweise unterirdisch (Hauptsache die Bahn ist unabhängig vom Straßenverkehr), aber in diesem Fall schon. Ich würde folgen Streckenverlauf für eine ausführliche Debatte vorschlagen.
Die neue Strecke für die Stadtbahn würde im Westen von Limmer, auf dem Parkplatz des dortigen ehemaligen Conti-Werkes, von der bestehende Strecke der Linie 10 abzweigen. Der Tunnel würde zunächst nach Nordwesten zu einer Station im Neubauviertel ‚Wasserstadt‘ führen, dort nach Westen abbiegen, unter dem Stichkanal Linden und den Schienen der Güterumgehungsbahn hindurch führen, mit einer Stadion in Ahlem-Nord (ggf. mit einer Anbindungen an eine neue S-Bahn-Strecke), weiter nach Westen bis zum Stadtrand vom Ahlem, dort mit einer Station mit einem großzügigen Park&Ride Parkplatz, und dann wieder nach Norden, noch einmal unter dem Stichkanal hindurch mit einer Endstation in Letter. Es würde sich in dem Zusammenhang anbieten, auch gleich die S-Bahn auszubauen, und die S-Bahn-Station Letter einige hundert Meter nach Osten zu verlegen. Oberirdisch wäre weder diese, noch eine andere Variante zu realisieren, da es den Kanal und die Schienen der Güterumgehungsbahn zu queren gilt, und die Bebauung in Ahlem sehr dicht ist.
Oberirdisch ließe sich die Stadtbahn nur von Limmer bis zur Wasserstadt verlängern. Dies wird von der Ratsfraktion der CDU auch gefordert (Artikel bei HalloLindenLimmer und bei der HAZ). Aber wieso hier weniger als eine halbe Sache machen? Wieso nicht bei der Gelegenheit den Pendler aus Seelze eine Alternative zu Auto bieten? Ein Gegenargument sind zwar die Kosten – aber dieses Argument ist nicht so stark, wie manche vielleicht meinen. Schließlich finanziert eine Großstadt oder ein Bundesland den Bau einer U-Bahn nicht selbst, sondern wirbt dafür Geld vom Bund an. Hamburg wird z.B. über eine Milliarde € für den Bau der U5 erhalten (Artikel der Morgenpost). Natürlich kann es sein, dass das Bundesverkehrsministerium sich weigert, das Geld bereit zu stellen, aber um das herauszufinden, müsste man wenigstens die Forderung stellen. Wenn man hingegen nicht einmal bereit ist, eine U-Bahn zu fordern, dann wird man erst recht nicht das Geld dafür bekommen, egal welche Partei den Bundesverkehrsminister stellt.
Vielleicht lehnen manche Hannoveraner den Bau einer U-Bahn auch deswegen ab, weil sie sich noch an die riesige Baustelle im Zentrum für die U-Bahn in den 1960ern und 70ern erinnern – aber in diesem Fall gibt es da deutlich weniger Grund zur Sorge. Die meisten U-Bahnen werden inzwischen nicht mehr als ‚Unterpflasterbahnen‘ gebaut (mit der sog. Cut&Cover-Methode), sondern mit Tunnelbohrmaschinen (sog. TBMs). Bei dieser Methode gibt dann an der Oberfläche nur noch dort Baustellen, wo die neuen U-Bahn-Stationen entstehen, sowie ggf. an den Start- und Endpunkten des Tunnelvortriebs. Startpunkt für die TMBs wäre bei meinem Vorschlag eine Fläche direkt am Stichkanal Hannover-Linden – dann könnte die Baustellenlogistik nämlich mit einem Binnenschiff über den Kanal erfolgen. Behinderungen des Verkehrs, und die Belästigung der Anwohner durch Lärm und Dreck, würden sich in Grenzen halten.
Verkehrswende beginnt bei der Stadtplanung
Eine U-Bahn alleine würde noch nicht reichen, um die Verkehrsprobleme in Letter (insbesondere auf der Klappenburgbrücke) zu lösen. Ein Teil der Pendler fährt ja nicht zur Arbeit nach Hannover, sondern arbeitet in den Betrieben im Industriegebiet in Stöcken. Um den Anforderungen dieser Pendler gerecht zu werden, würde ich einen gezielten Ausbau des Busnetzes und eine Taktverdichtung der S-Bahn zwischen den Stationen Seelze, Letter und Leinhausen vorschlagen,
Der Bau einer U-Bahn wäre der teuerste Schritt, um das Verkehrsproblem in Letter zu lösen – das heißt aber nicht notwendigerweise, dass es der letzte Schritt sein müsste. Da die bestehende Infrastruktur der S-Bahn ausgelastet ist, ließe sich der Neubau einer U-Bahn vielleicht sogar schneller umsetzen als ein Ausbau der S-Bahn.
Den Ausbau von S-Bahn und U-Bahn zu fordern, ist in Hannover durchaus radikal. Aber ohne eine Mentalitätswechsel wird die Verkehrswende nicht zu machen sein. Der genannte Artikel der Neuen Presse zitiert den Stadtverbandsvorsitzenden der CDU Seelze ausführlich. Beruflich ist er Jurist, und argumentiert aus seiner persönlichen Perspektive: „Es kann nicht sein, dass ich für 7,7 Kilometer zur Kanzlei eineinhalb Stunden mit dem Auto fahre“. Ob ihn inzwischen mal jemand darauf hingewiesen hat, dass eine Möglichkeit, Autofahrten während des Berufsverkehrs zu vermeiden, darin besteht, Home Office zu machen? Wer in einer Kanzlei arbeitet sollte, anders als z.B. die Werktätigen in den großen Betrieben in Stöcken, grundsätzlich die Möglichkeit haben, teilweise Home Office zu machen. Hoffentlich hat, nachdem der Corona-Virus im letzten Jahr Home Office erzwungen hat, hier ein Umdenken stattgefunden.
Natürlich sind Autos oft auch Statussymbole – aber dann sollte es doch reichen, ein dem eigenen Status entsprechendes, teures Auto zu besitzen; so lange andere wissen, dass man es besitzt, muss man damit nicht jeden Tag zur Arbeit fahren. Deswegen wäre ich bei Kosten-Nutzen-Analysen, wie sie für den Bau von Schienenprojekten des ÖPNV gefordert werden, auch skeptisch. Diese setzen eine Prognose voraus, welcher Anteil der Anwohner eine neue U-Bahn nutzen wird. Diejenigen, die sich gar nicht vorstellen können auf das Auto für die Fahrt zur Arbeit zu verzichten, werden das natürlich nicht tun. Politisch kommt es aber gerade darauf an, die Menschen zu überzeugen. Wenn man bei der Stadtplanung davon ausgeht, dass die Menschen ihr Verhalten nicht ändern werden, dann wird das mit der Verkehrswende deutlich schwieriger.
Es wäre in diesem Fall allerding schon ein Erfolg, wenigstens eine Kosten-Nutzen-Analyse und eine Machbarkeitsstudie für eine Erweiterung der U-Bahn in Hannover zu haben. Einerseits ist dieser Artikel, mit dem Vorschlag eine U-Bahn zwischen Limmer und Letter zu bauen, nur ein Positionspapier, das für DIE LINKE. Region Hannover als Grundlage der weiteren Diskussion dienen soll; andererseits schreitet die Bebauung der Wasserstadt Limmer ja voran, und man müsste rechtzeitig im Bebauungsplan die nötigen Flächen reservieren. Ich würde also, wenn ich, mit ihren Stimmen, in die Regionsversammlung gewählt werde, einen Antrag auf eine Machtbarkeitsstudie stellen, und dafür, die nötigen Flächen freizuhalten.